Neu, anders, effektiv: Endometriosebehandlung mit Sinosomatics
- fjacobs6
- 26. Juni
- 5 Min. Lesezeit

Neue therapeutische Perspektiven für Betroffene
Die noch relativ neue komplementärmedizinische Therapiemethode Sinosomatics macht Endometriosepatientinnen Hoffnung auf Wege aus dem Schmerz. Sinosomatics ist anders als andere Therapiemethoden. Auf einzigartige Weise werden Psychotherapie und Körpertherapie kombiniert, was erstaunliche und nachhaltige Wirkungen zeigt. Jetzt sind Wissenschaftler:innen, darunter Prof. Dr. Florian Beißner, wissenschaftlicher Leiter des Insula-Instituts, der Frage nachgegangen, wie Patientinnen die Sinosomatics-Behandlung erleben. Zudem interessierte es die Forscher:innen, wie sich die Patientinnen positive Auswirkungen von Sinosomatics auf ihre Gesundheit erklären. Es zeigte sich, dass das Alleinstellungsmerkmal der Therapieform, die Kombination von Psychotherapie mit dem Auslösen körperlicher Reize (etwa durch Akupunktur) von den Patientinnen als effektiv und wirksam erachtet wird.
Endometriose prägt oft das gesamte Leben Betroffener
Endometriose ist eine gutartige gynäkologische Erkrankung, bei der sich gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter bildet. Weltweit ist etwa jede 10. Frau* betroffen, die Dunkelziffer ist weitaus größer. Hauptsymptome bei Endometriose sind unter anderem chronische Schmerzen im Bauchraum, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Schmerzen bei der Stuhlentleerung, extrem starke Monatsblutungen und Unfruchtbarkeit. Die individuell erlebte Krankheitslast ist oft hoch, wodurch viele Patientinnen in ihrem beruflichen und privaten Leben stark durch die Erkrankung beeinträchtigt sind.
Viele der Studienteilnehmerinnen litten vor Beginn der Sinosomatics-Behandlung unter starken Symptomen, die ihren Alltag stark beeinträchtigten.
„Es war so schlimm, ich hatte jeden Monat so starke Blutungen und Schmerzen, dass ich oft ohnmächtig geworden bin. (...) Ich war wirklich verzweifelt",
— beschreibt eine der Studienteilnehmerinnen (P3) ihr Leben mit Endometriose.
Schulmedizinische Therapie oft ohne nachhaltigen Erfolg
Schulmedizinisch stehen zur Behandlung der Endometriose operative Eingriffe, die Einnahme von Schmerzmitteln und Hormonpräparaten zur Verfügung. Unter Frauen*, die wegen ihrer Endometriose operiert wurden, gibt es eine hohe Rückfallrate [1-3]. Die Einnahme von Hormonpräparaten geht oft mit Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Gewichtszunahme und der Verringerung der Knochendichte einher, weswegen diese für viele Frauen oft nicht als Langzeittherapie infrage kommen [1,4,5,6]. Es gibt daher Forschungsbedarf an integrativen Methoden der Endometriosebehandlung, die eine umfassende und ganzheitliche Therapie für Betroffene bieten [6,7].
Die weitreichenden Folgen der Endometriose
Bei einem Großteil der Patientinnen hat die Endometriose weitreichende Auswirkungen auf unterschiedliche Lebensbereiche. Diese sind in vier Oberkategorien eingeteilt:
Leben
Symptome
Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem
Selbst
Die erste Kategorie „Leben“ bezieht sich auf das Sozial-, Arbeits- und Sexualleben.
Kategorie zwei „Symptome“ bezieht sich insbesondere auf Schmerz und Unfruchtbarkeit.
„Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem“ (verspätete Diagnose, Behandlungen von und Begegnung mit medizinischem Personal) werden als dritte Kategorie beschrieben.
Das „Selbst“, ein Begriff aus der Psychologie, der das innere Erleben von Identität, Ich-Bewusstsein und Selbstwahrnehmung beschreibt, wird als vierte Kategorie genannt. Hierbei geht es um Wissen und Information der Patientinnen über ihre Erkrankung sowie das emotionale Wohlbefinden und Zukunftsperspektiven [6].
Sinosomatics ist eine effektive komplementärmedizinische Therapie, die viele dieser Aspekte mit einbezieht. Die Methode kombiniert Hypnotherapie und Achtsamkeitstechniken mit somatosensatorischen (den Körper stimulierenden)Methoden wie der Akupunktur. Sinosomatics konnte als wirksam bei der Endometriosebehandlung bewiesen werden. Insbesondere die Verbesserung von Symptomen wie chronischen Schmerzen und dem allgemeinem Wohlbefinden wurde wissenschaftlich bestätigt [8,9].
Sinosomatics wirkt über die Endometriose hinaus
Schmerzen und starke Blutungen, durch Sinosomatics verbessert. Darüber hinaus beschrieben viele eine allgemeine Verbesserung ihrer Gesundheit. Beschwerden wie Kopfschmerzen und Migräne, Kreislaufprobleme, Verspannungen, wiederkehrende Blasenentzündungen und Infektanfälligkeit waren ebenfalls zurückgegangen. Auch die psychische Verfassung vieler Patientinnen hatte sich deutlich verbessert.
„Insgesamt tut die Therapie (mit Sinosomatics) auf vielen Ebenen gut. Nicht nur körperlich, sondern auch emotional“, — beschreibt eine Patientin (P 9) Sinosomatics.
Die psychologische Komponente ist ein nicht unwesentlicher Faktor bei Endometriose. Viele der betroffenen Frauen sind hoffnungslos, isolieren sich und fühlen sich unverstanden. Dies geht oft einher mit der Annahme, dass es keine Hoffnung auf Linderung ihrer Endometriose-Symptome gebe und eine Schwangerschaft für sie ausgeschlossen sei. Nicht anders erging es vielen Studienteilnehmerinnen vor Beginn der Sinosomatics-Behandlung.
Perspektivwechsel dank Sinosomatics
Durch die Behandlung mit Sinosomatics konnten die Patientinnen eine andere Perspektive auf ihre Erkrankung einnehmen und neue Strategien für den Umgang mit ihren chronischen Schmerzen entwickeln. Sie schöpften Hoffnung und waren zuversichtlich, dass es ihnen gelingen würde, ihre Erkrankung gut zu managen, anstatt sich ihr ausgeliefert zu fühlen. Sie begannen darauf zu vertrauen, dass ihre Situation sich bessern würde und sie selbst aktiv daran mitwirken können.
„Die Therapeutin hat das Talent dir Hoffnung zu geben, auch wenn du sie schon vor vielen Jahren aufgegeben hast“, — beschreibt eine der Studienteilnehmerinnen (P7) die Sinosomatics-Therapie.
Die Behandlung mit Sinosomatics stärkte das Gefühl der Selbstwirksamkeit der befragten Endometriosepatientinnen. Sie erleben sich nach der Therapie in einer aktiven Rolle, in der sie die Möglichkeit haben, selbst Einfluss auf ihre Symptome zu nehmen. Zudem besserte sich durch in der Therapie erlerntes achtsames Spüren die Körperwahrnehmung der Frauen. Das führte dazu, dass sie ihre Bedürfnisse und Grenzen innerlich besser spüren konnten und es ihnen gelang, anderen gegenüber für diese einzustehen.
Insgesamt zeigt, die auf qualitativen Interviews basierende Studie, dass Sinosomatics Endometriose-Patientinnen hilft, ihre Erkrankung und die damit einhergehenden Symptome anzunehmen, anstatt dagegen anzukämpfen. Der ursächliche Grund, sich auf die Sinosomatics-Therapie einzulassen war die Endometriose und die damit verbundenen starken körperlichen, psychischen und sozialen Einschränkungen der Betroffenen. Ein sehr willkommener und oft als überraschend erlebter „Nebeneffekt“ bei den befragten Patientinnen war, dass die Sinosomatics-Behandung sich neben der Verringerung ihrer körperlichen Beschwerden auch deutlich positiv auf ihr Selbstwertgefühl, innere Stärke und Resilienz ausgewirkt hat.
„Ich habe das Gefühl, dass ich auch persönlich Fortschritte mache, in der Art und Weise, wie ich Dinge wahrnehme, aus welcher Perspektive ich sie betrachte oder wie es mir gelingt, neue Energie zu schöpfen“, —sagt eine Patientin (P6) über ihre persönliche Entwicklung im Verlauf der Sinosomatics-Behandlung.
Einer anderen Studienteilnehmerin gelang es nach der Sinosomatics-Therapie, sich einen neuen Job zu suchen. Das hatte sie schon viele Jahre vorgehabt, aber nicht den Mut dazu aufbringen können. Dank Sinosomatics ist sie jetzt glücklich bei ihrer neuen Arbeit.
Die Auswertung der qualitativen Interviews zeigt, dass Sinosomatics die befragten Endometriose-Patientinnen nicht nur befähigte, mit ihrer chronischen Erkrankung besser umzugehen, sondern auch einen erheblichen positiven Einfluss auf ihr privates und berufliches Wohlbefinden hatte.
Interviewerin: „Hat sich durch Sinosomatics etwas in ihrem Leben verändert?“ Patientin (P6): „Ja, mein ganzes Leben.“
Frau*/Frauen* steht hier für alle Menschen, die Endometriose haben können – darunter cis Frauen, trans Männer, nicht-binäre und intergeschlechtliche Personen.
An der vorliegenden Studie haben zehn cis Frauen teilgenommen, die an Endometriose erkrankt sind. Im Folgenden wird die Bezeichnung „Patientinnen“ verwendet, da sich die Untersuchung ausschließlich auf diese Gruppe bezieht.
Unabhängige Forschung braucht Unterstützung
Die im Artikel vorgestellte ganzheitliche Therapiemethode Sinosomatics wurde unter anderem vom Insula-Institut für Integrative Therapie-Forschung wissenschaftlich geprüft. Das Institut ist unabhängig und gemeinnützig. Es widmet sich der Erforschung innovativer und integrativer Ansätze in der (Frauen-)heilkunde.
Damit auch in Zukunft Therapien wie Sinosomatics erforscht, weiterentwickelt und zugänglich gemacht werden können, ist das Insula-Institut auf Spenden und Fördergelder angewiesen.
Quellen:
[1] Becker CM, Gattrell WT, Gude K, Singh SS. Reevaluating response and failure of medical treatment of endometriosis: a systematic review. Fertil Steril. 2017;108:125-36. https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2017.05.004
[2] Guo S-W. Recurrence of endometriosis and its control. Hum Reprod Update.2009;15:441-61. https://doi.org/10.1093/humupd/dmp007
[3] Vercellini P, Corsignani PG, Abbiati A, Somigliana E, Viganò P, Fedele L. The effect of surgery for symptomatic endometriosis: the other side of the story. Hum Reprod Update.2009;15:177-88. https://doi.org/10.1093/humupd/dmn062
[4] Giudice LC. Clinical practice. Endometriosis. N Engl J Med. 2010;362:2389–98. https://doi.org/10.1056/NEJMcp1000274 [5] ESHRE Endometriosis Guideline Development Group. Endometriosis: Guideline of European Society of Human Reproduction and Embryology; 2022.
[6] Young K, Fisher J, Kirkman M. Women’s experiences of endometriosis: a systematic review and synthesis of qualitative research. J Fam Plann Reprod Health Care. 2015;41:225–34. https://doi.org/10.1136/jfprhc-2013-100853
[7] Aerts L, Grangier L, Streuli I, Dallenbach P, Marci R, Wenger JM, Pluchino N.Psychosocial impact of endometriosis: From co-morbidity to intervention. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol. 2018;50:2–10. https://doi.org/10.1016/j.bpobgyn.2018.01.008
[8] Beissner F, Preibisch C, Schweizer-Arau A, Popovici RM, Meissner K. Psychotherapy With Somatosensory Stimulation for Endometriosis-Associated Pain:The Role of the Anterior Hippocampus. Biol Psychiatry. 2018;84:734–42. https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2017.01.006
[9] Meissner K, Schweizer-Arau A, Limmer A, Preibisch C, Popovici RM, Lange I, et al. Psychotherapy With Somatosensory Stimulation for Endometriosis-Associated Pain: A Randomized Controlled Trial. Obstet Gynecol. 2016;128:1134–42. https://doi.org/10.1097/AOG.0000000000001691
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